Sex-Manifest aus dem Ü-Ei vorgezaubert

Rockbitch mit provokanter Show

Rockbitch

Rockbands, die auffallen wollen, müssen sich etwas einfallen lassen. Rockbitch haben eine Variante gewählt, die Moralapostel und Ordnungshüter Sturm laufen läßt und zugleich für gesteigerte Begeisterung bei den Fans sorgt. So war es auch bei ihrem Auftritt im Tivoli in Bremen, obwohl sich das gespannte Publikum mit ordnungsamtgezähmter Frauenpower zufrieden geben mußte.

Musik als Transportmittel für wilde Sexshow: Rockbitch.
Rockbitch sind ein wilder Haufen aus sechs meist lesbischen Frauen und einem Mann, die zusammen in einer frivolen Lebensgemeinschaft auf dem Lande leben. Gegründet hat sich die Gruppe mit der Vision, eine weiblich dominierte, hippieähnliche Rock-Kommune ins Leben zu rufen. Die Musik und die Texte dienen hierbei als Transportmittel für die Sexualität der Frau.
So ist auch die radikal konsequente Bühnenshow entstanden. Der Großteil der Gruppe tritt komplett nackt auf und praktiziert auf der Bühne eben die Dinge, die in den Texten angesprochen werden. Dieser Bühnen-Performance haben Rockbitch ihren Kultstatus zu verdanken, mit dem sie weit über die Grenzen Englands hinaus bekannt geworden sind. Ohne je ein Album herausgebracht zu haben, waren ihre Konzerte immer rammelvoll besucht.

Im Sommer dieses Jahres deuteten Rockbitch mit der Veröffentlichung ihres Debütalbums „Motor Driven Bimbo“ an, das ihre Musik nicht mehr nur Beiwerk zu einer provokanten Sexshow sein soll. Neben dem gekonnten Baßspiel von Hauptsongwriterin The Bitch fasziniert die Stimme von Leadsängerin Julie. Ihr wird nachgesagt, Lungen aus Stahl und die Fähigkeit zum Multi-Orgasmus zu besitzen, was vermutlich Grundvoraussetzung für die Rockbitch-Mitgliedschaft ist.
Zu Beginn des Konzertes traten alle Musikerinnen zur Verwunderung des Publikums in Kleidern auf die Bühne, um nach dem ersten Stück die Auflagen des Ordnungsamtes vorzulesen. Begleitet von erbosten Reaktionen des Publikums wurden dann aber doch postwendend die Hüllen fallen und der sexuellen Anarchie freier Lauf gelassen. Wenn auch in gezähmter Form. Die etwas gemäßigte Form der Show war von Amts wegen verordnet geworden, da eine „sittliche Gefährdung“ des Publikums vermieden werden sollte. Standardspruch der Show: Das ist verboten !
Dennoch ließ es sich Frontfrau Babe von niemandem verbieten, das in einem Überraschungsei verpackte Rockbitch-Manifest zur enthemmten Liebe sozusagen zwischen ihren Schenkeln herbei zu zaubern und der Öffentlichkeit vorzulesen. Der Wurf des legendären „Goldenen Kondoms“ zum Abschluß des Konzertes blieb zum Bedauern des Publikums leider aus.
Wer dieses berühmt berüchtigte Kondom fängt, kann es hinter der Bühne gegen Sex mit der Band eintauschen.



(Maik Heinsohn 10/1999)

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