Synthetische Parallel-Welt
aus Klängen Von Crossover zu Ambient: The Young Gods sind zurück
Über ein halbes Jahrzehnt war von den Young Gods kein Lebenszeichen zu vernehmen. Gerüchte über die Auflösung des Schweizer Trios machten die Runde. Nun melden sie sich mit dem experimentellen Album "Second Nature" zurück. Ein trendweisendes Album, mit dem sie ihrer Zeit mal wieder voraus sein werden.
Bereits mit dem 95er Vorgängeralbum "Only Heaven" war die Abkehr von ihrem einstigen Crossover-Stil deutlich zu erkennen. Atmosphärische Ambientklänge und harte, gesamplete Gitarrenriffs bildeten gegensätzliche Pole in der Musik der Young Gods. Ihr bestreben war es, die Psyche des Hörers musikalisch auf zwei Ebenen zu berühren. Laute, harte Gitarren korrespondieren mit Wut, während die ruhigen, sphärischen Passagen die Phantasie beflügeln sollte.
Trotz der langen Pause zum neuen Album "Second Nature" ist der Weg in atmosphärische Gefilde konsequent weiterverfolgt worden. Innovative, rasende Ambient-Klanglandschaften und ein beschwörender Flüstergesang bilden einen ganz eigenen, undefinierbaren Musikstil. Töne und Strukturen erscheinen neu und unverbraucht. Die elektronisch erzeugten Klänge wirken surrealistisch und naturfremd, bilden aber eine eigene trancige Klangwelt: Eine synthetisch nachgebildete Parallel-Welt - Die Second Nature. Der kritisch benutzte Begriff "Second Nature" stellt für die Young Gods sowohl die künstliche Welt der Drogen dar, als auch die Nachbildung einer zweiten Natur mit Hilfe der Gentechnik. ----------------------------------- Herzschlag der Metropole ----------------------------------- Sucht man nach den Einflüssen für die musikalische Entwicklung von den Young Gods, so ist das private Umfeld um den Kopf der Band ein entscheidender Aspekt. Franz Treichlers Aufenthalt in der Nähe der New Yorker Wall Street und die dort gesammelten Eindrücke einer naturfremden, hektischen Gesellschaft scheinen sich in der Musik wiederzuspiegeln. Der Herzschlag einer Weltmetropole wurde aufgenommen und in elektronische Musik verpackt. Obwohl der Übergang vom Crossover zur Ambientmusik gravierend erscheint, hat sich die grundlegende Arbeitsweise nicht geändert. Mit Hilfe der Sample-Technologie bilden The Young Gods Klänge nach oder sie gestalten sie nach ihren Erfordernissen um. Dies gilt sowohl für Gitarrenriffs, als auch für Naturklänge. Diese Art der digitalen Collagetechnik hat ihnen viel Ruhm bei renommierten Künstlern eingebracht, der große kommerzielle Erfolg blieb ihnen allerdings bisher versagt. "Second Nature" ist ein gewagtes, zukunftsweisendes Album, welches elektronische Spielarten wie Industrial, Dub-Elemente, Techno und Trance zu einem musikalischen Zeitgeistdokument vereint. (Maik Heinsohn 03/2001) |