Weg von dem Image einer
Düster-Kombo Goethes Erben mit neuem Album Goethes Erben ist eine Band, die aufgrund ihrer ehrlichen und drastischen Art oftmals mißverstanden wurde. Verbalen Blutbädern und düsteren Texten verdankt die Band das Image einer reinen Düsterkombo. Das Journal hinterfragt stattdessen das Konzept aus Musiktheater und Textperformance. Im Gespräch mit Oswald Henke geht es um das neue Album "Nichts bleibt wie es war" und die Ideologie, die hinter Goethes Erben steckt.
Journal: Gibt es für "Nichts bleibt wie es war" ein Gesamtkonzept?
Oswald Henke: Ich würde sagen, "Nichts bleibt wie es war" erzählt so ein bisschen die eigene Geschichte von Goethes Erben. Auf diesem Album ist eigentlich alles, was Goethes Erben ausmacht, enthalten.
Journal: Gegenüber früheren Alben ist "Nichts bleibt wie es war" zugänglicher. Wieso?
Oswald Henke: Ja, schön wenn es so wäre. Wir versuchen eben, Leuten eine Tür aufzuhalten, die bislang keinen Zugang zu Goethes Erben gefunden haben. Kommerzieller sind wir mit Sicherheit nicht geworden, da sind schon ein paar Stücke drauf, die den kommerziellen Aspekt deutlich in Frage stellen.
Journal: Eure Texte geben dem Hörer die Möglichkeit, die Bedeutung verschiedenartig zu interpretieren. Warum läßt ihr ihm diese Freiheit?
Oswald Henke: Weil ich den Leuten nichts vorkauen möchte. Und ich denke, daß in dieser Spaßgesellschaft es auch manchmal Not tut, daß die Leute sich mal wieder mit Sachen auseinandersetzen und nicht nur konsumieren und wahrnehmen.
Journal: Wollt ihr den Hörer textlich mit extremen Situationen konfrontieren, damit er beginnt nachzudenken?
Oswald Henke: Ja, oder sich zumindest mit Themen auseinandersetzt, die ihm vorher vielleicht gar nicht so bewußt waren, oder die er vor sich her geschoben hat. Themen, die einen irgendwann eben einholen. Krankheit und Tod ist etwas, womit jeder Mensch irgendwann auch einmal konfrontiert wird. Ich halte es für vernünftiger, in einem stabilen Stadium sich mit Dingen auseinander zu setzen, als wenn man von irgend etwas überrollt wird.
Journal: Wo liegt die Schwierigkeit, der Sprache bei der Umsetzung einen adäquaten musikalischen Rahmen zu geben?
Oswald Henke: Was ich in den letzten Jahren gelernt habe, ist, wenn ein Text sehr drastisch ist, dann muß die sprachliche Umsetzung so distanziert wie möglich wirken. Aus diesem Grund ist zum Beispiel ein Text wie "Fleischschuld" extrem distanziert gesprochen. Aus dem einfachen Grund muß man sich manchmal darauf verlassen, wie Worte alleine wirken.
Journal: Goethes Erben haben ein sehr düsteres, makabres Image, gerade wegen der sehr direkten Wahl von provokanten und eindringlichen Worten.
Ist dieses Image gerechtfertigt?
Oswald Henke: Ich denke, man muß uns irgendwann einmal live gesehen haben und dann darf man gern den Stab über uns brechen. Aber nur aufgrund der Vergangenheit oder des Image so etwas zu sagen, finde ich anmaßend.
(Maik Heinsohn 12/2001) |