"Luxusgut unserer Zeit und Kultur"

Newcomer-Duo Seabound beschäftigt sich auf dem Album
"No Sleep Demon" mit der Suche nach dem Sinn des Lebens

Seabound: Martin Vorbrodt, Frank M. Spinath


Ungekürzte Fassung


Die Newcomer-Band Seabound verpaßte der Electro-Szene mit einem innovativem Sound eine Frischzellenkur. Mit dem Debütalbum "No Sleep Demon" hat das Bielefelder Duo Martin Vorbrodt und Frank M. Spinath eine musikalische Reise mit unbekanntem Ziel in die menschliche Psyche angetreten.
Gegensätze und Widersprüche ziehen sich als Kernelement durch die Musik und letztlich durch die beiden beteiligten Personen. Während der Psychologe Spinath den thematischen und textlichen Rahmen ausarbeitet, vollendet der gebürtige Cuxhavener Vorbrodt die Songs mit ausgefeilten, komplexen Electro-Sounds. Der Gegensatz und das Pendeln in den Songs zwischen fesselnden melodischen Elementen und der kühlen, aggressiven Elektronik unterstreichen die thematische Darstellung der Zerrissenheit der menschlichen Gefühlswelt.



Journal: Was ist das Konzept von "No sleep demon"?
Frank: Die Texte auf dem Album beschäftigen sich mit der Frage nach der Ausrichtung des eigenen Lebens und der individuellen Sinnsuche. Ich beobachte gern und bin neugierig, wie andere Menschen das für sich beantworten. Genau so interessant, wenn auch ungleich dramatischer, ist es, zu erleben, wie Menschen an diesen Fragen scheitern. Das ist der Nährboden für meine Texte.

Journal: Warum nutzt ihr elektronische Instrumente zur Umsetzung eurer musikalischen Gedanken?
Martin: Seabound lebt vom Zusammenspiel der Texte mit dem elektronischen Sound. Die emotionalen Lyrics stehen oft in einem Spannungsverhältnis zu dem Sound, der Härte und Sterilität vermittelt. Das gibt der Musik eine weitere Dimension.

Nutzt ihr Musik als psychologische Bestandsaufnahme oder Dokumentation von menschlichen Gefühlen? Sozusagen ein akustisches, empfindbares Lehrbuch über Gefühlszustände?
Frank: Das ist eine treffende Beschreibung unserer Musik. Allerdings ist diese Vertonung von menschlichen Gefühlen eine sehr persönliche und individuelle Umsetzung, die weit von einer Art wissenschaftlichem "Sach-Hörbuch" mit einem gewissen Anspruch auf Allgemeingültigkeit entfernt ist.

Journal: Wieso reizt euch gerade dieses Thema zu einer musikalischen Umsetzung?
Frank: Ich habe großes Interesse daran, die menschliche Psyche und deren Abgründe zu verstehen. Dies ist für mich eine Art Grundthema, dem ich mich in vielen Formen widme; sei es durch meine Arbeit als Wissenschaftler oder als Privatperson. Für mich bietet insbesondere elektronische Musik die Möglichkeit, teils berichtend, teils gestaltend zu arbeiten. Hinzu kommt, dass ich elektronische Musik immer schon als sehr kraftvoll empfunden habe. Diese Kraft selbst zu entfesseln und dabei Themen aufzugreifen, ist eine Ausdrucksform, die wie für mich gemacht ist.

Journal: Elektronik ist die neueste Technik, Musik zu erzeugen, sozusagen das kompositorische Mittel unserer Zeit. Würden Menschen außerhalb der industrialisierten Gesellschaft solche Empfindungen ebenfalls umsetzen können?
Frank: Ich glaube, dass die kulturellen Unterschiede in der Musik tatsächlich etwas mit Traditionen und dem Grad an Befriedigung von Grundbedürfnissen zu tun hat. Insofern glaube ich auch, dass die Künstlichkeit elektronischer Musik und die thematische Beschäftigung mit Sinnsuche in zweifacher Hinsicht ein Luxusgut von Musikern unserer Zeit und unserer Kultur sind. Ich habe jedoch keinen Zweifel daran, dass Menschen außerhalb der industrialisierten Gesellschaft andere Ausdrucksformen für vergleichbare emotionalen Zustände besitzen.




(Maik Heinsohn 07/2001)

Ungekürzte Fassung

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